Der Nachmittag geht zur Neige, doch unsere Drei wollen sich wenigstens noch die grosse Käseglocke anschauen, die Pit vorhin gesehen hat, als sie zum Kulturministerium unterwegs waren. Also begeben sie sich zur Frauenkirche. Als die engen Strassenschluchten sich öffnen, kommen sich Hannah, Pit Hoffmann und Wilhelm Krauthobel wie kleine Käfer vor. So eine sonderbare und grosse Kirche hat Pit noch nie gesehen. Das Bauwerk ist gewaltig. Nicht ohne heimatlichen Stolz sieht Wilhelm den Glanz in den Augen seiner beiden kleinen Begleiter.
"Au, ja! Dort gehen wir jetzt rein!", ruft Pit aufgeregt. "Ein wenig leiser nachher bitte", ermahnt Hannah den Ungestüm. "Dort drin suchen gläubige Menschen Trost und Andacht. Da müssen wir etwas leiser reden!" "Alles Klar!" flüstert Pit und nickt dabei bekräftigend mit dem Kopf. "Du, Wilhelm!", fragt Hannah, "Wie alt ist denn die Kirche?" Darauf hat Wilhelm nur gewartet. Nun kann er endlich mal wieder Reiseführer spielen. "Die Kirche wurde von 1726 bis 1743 an Stelle einer älteren Frauenkirche gebaut. Der Hofzimmerer George Bähr, welcher vormals schon einige Dorfkirchen in der Umgebung erbaute, wurde vom Stadtrat 1722 mit dem Bau beauftragt." berichtet Wilhelm.
"Also hat die Kirche nicht August der Starke bezahlt?" fragt Hannah. "Nein, da es eine Kirche im Stadtgebiet war, mussten auch die der Stadt angegliederten Gemeinden für die Kosten aufkommen. Daher war das Geld auch immer knapp, so dass Bauleiter Bähr statt einer teuren Kupferkuppel, eine aus Sandstein einplante. Den gibt es hierzulande nämlich massenhaft. So wurde die Kirche letzendlich komplett aus Stein gebaut!" "Oh, die ist bestimmt schwer!" flüstert Pit und alle staunen über die wundervolle barocke Inneneinrichtung und die grosse steinerne und bemalte Kuppel über ihren Köpfen. "Dass sie schwer ist, hast du richtig vermutet, Pit", erzählt Wilhelm weiter, "Die Kuppel wiegt allein über 12000 Tonnen!"
Pit staunt: "Die könnte ja nicht mal der starke August anheben.. ähm, wo hat der denn seinen Namen überhaupt her?" "Das weiss ich wiederum!" freut sich Hannah: "Und zwar war der Kurfürst von Sachsen, der gleichzeitig auch noch König von Polen war, wirklich ein grosser und starker Mann!" "wie der böse Doktor!" ruft Pit, und hält sich sogleich erschrocken den Mund zu. "Um Himmels willen, erwähne den blos nicht!" Hannah setzt kopfschüttelnd den Bericht fort "August war so stark, dass er eines Tages vor seinem Hofstaat sogar ein Hufeisen in zwei Teile gerissen hat. Dieses Hufeisen liegt jetzt noch im Museum, ähm, jedenfalls in unserer Zeit, Pit!" Wilhelm horcht auf "Das denke ich doch!" sagt er, "dass auch in eurer Zeit noch die Perle an der Elbe, Dresden, gewürdigt wird mit all seiner Geschichte!"
"Leider war dies nicht immer der Fall, fürchte ich!" gibt Hannah zu. "Erzähl, wieso!" Und Hannah berichtet, dass in einigen Jahren machthungrige und despotische Menschen einen Grossteil des deutschen Volkes auf Irrwege leiten und einen Krieg hinaus in die Welt tragen werden, welcher wieder und verheerend in sein deutsches Geburtsland zurückkehren wird, wo durch seine Wucht viele Städte mitsamt der schönen Kulturgüter in Schutt und Asche fallen werden. Wilhelm ist entsetzt und kann es kaum fassen. Und Hannah fährt fort: "Nach den verheerenden anglo-amerikanischen Bombenangriffen brannte die Stadt lichterloh. Ganze Stadtviertel fielen den Flammen zum Opfer. Nur die Frauenkirche hielt stand, wie ein Symbol der Unbesiegbarkeit. Doch es war ein Trugbild. Durch die Hitze der tagelangen Brände in der Kirche platzte der Sandstein an vielen Stellen der Pfeiler ab. Und was keiner mehr dachte, geschah: Am Vormittag des 15. Februar konnten die Pfeiler die schwere Kuppel nicht mehr tragen und die ganze Frauenkirche fiel in sich zusammen und hüllte das Zentrum der Stadt in eine dichte Staubwolke!" Wilhelm ist den Tränen nah, als er diese Zukunftsvision hört.
Doch sie kommen nicht dazu, des Verlustes zu gedenken: Die Polizisten vom Bahnhof, welche gerade in der Frauenkirche auf Kontrollgang sind, erkennen die markante karierte Mütze sofort. "Haltet sie!" rufen sie in die andächtige Ruhe der Frauenkirche. Sie stossen Wilhelm beiseite, den sie ja nicht kennen , und hasten Pit und Hannah hinterher zum Ausgang. Im Freien geben unsere Beiden Fersengeld "Haben wir denn niemals Ruhe!" knirscht Hannah. Als sie in eine Seitengasse einbiegen, erkennen sie das Dienstmädchen. "Schnell, wo können wir hin! Die Polizei...!" japst Pit. Schnell schiebt das Dienstmädchen beide in eine leere Marktbude. Da sind auch schon die Gendarmen da. " wo wo sinnse hin, nu?!" japsen auch diese. "Dort entlang, Herr Gendarm!" führt das Dienstmädchen die Gendarmen hinters Licht, und unsere beiden somit aus der Gefahrenzone heraus.
Hannah und Pit freuen sich über die unverhoffte Retterin. Hannah will sich bedanken: "Vielen Dank, Frau....!" "Ich bin die Antonina! Ich hab euch erkannt, ihr wohnt bei Frau Sausewind!" "Und Sie sind das nette Zimmermädchen!" charmeurt Pit. "Ja, ich bin erst einen Monat bei Frau Sausewind in Stellung!" antwortet sie. "Wo, wo ist denn Euer Begleiter?" fragt sie schüchtern. "Dort hinten kommt er ja!" zeigt Hannah hinter Antonina. Sie dreht sich um und zwei schüchterne stehen sich gegenüber. Hannah feixt und zieht Pit ein wenig beiseite. "Komm Pit, wir schauen uns mal die Schaufenster dort drüben an!" "Ich will aber nicht!" sagt Pit und lässt sich bereitwillig ziehen. "Ach, Herr Krauthobel, schön dass ich sie treffe" schaut Antonina verlegen auf "Fi..Find ich auch!" entschlüpft es Wilhelm. "Ich habe einen wichtigen Brief aus dem Ministerium auf ihren Tisch gelegt!" "Oh, vielen Da.. Dank! ähm, ich hoffe, ich bin nicht zu verwegen, a.. aber, haben sie heute Abend etwas vor...?!"...
Als brave Leser werden wir uns mal aus diesem Gespräch herausstehlen... In der Pension angekommen, öffnet Wilhelm sofort den mit "Eilig" beschrifteten Brief des Kulturministeriums. Er ist von Professor Gruber, dem Staatssekretär persönlich. "Hört mal", ruft Wilhelm seine Freunde und beginnt sogleich, den Brief vorzulesen: " Mein lieber Krauthobel! Leider muss ich sie bis morgen noch um eine Gefälligkeit bitten. Diese Bitte erhielt ich vom Polizeipräsidium. Es geht um die Habhaftmachung zweier Kinder. Dafür brauchen wir ihr malerisches Talent. Weiter unten im Brief habe ich eine genaue Personenbeschreibung. Bitte versuchen sie, danach die beiden Gesuchten zu zeichnen. Ich verlasse mich auf Sie. Krauthobel, bringen sie morgen die Zeichnung zu ihrem Termin mit und hinterlegen sie diese dort für mich, damit ich diese zur Druckerei bringen kann. Ihr Prof. Gruber, Staatssekretär für Kultur.
Wilhelm ist verzweifelt. "Aber, ich habe mich doch für nachher mit Fräulein Antonina verabredet! Was soll ich nur tun! Die Zeichnungen brauche ich auch bis morgen!" "Lass das mal meine Sorge sein," unterbricht ihn Hannah. "Weisst du was, Wilhelm? Du gehst nun fein in die Wanne, schliesslich musst du dich noch für dein Rendezvous schick machen. und ich zeichne die beiden Strolche. Die Erklärung steht ja im Brief.!" "Würdest du wirklich?" Wilhelm könnte Hannah vor Glück drücken. "Heb dir das mal schön auf!" lächelt sie verschmitzt, Pit liest die Beschreibung vor und Hannah beginnt zu zeichnen: Karierte Mütze, aha, Latzhose? Nanu! Na, es steht ja nicht da, wie diese Sachen genau aussehen, freut sich Hannah. Und der zweite böse Bruder: Pullover und Hose, alles klar, der bekommt von mir ne Lederhose, hehehe! Als Hannah Wilhelm die Zeichnung zeigt, lächelt sie: "Alle Auflagen sind erfüllt, und man erkennt uns trotzdem nicht!" Hannah ist zufrieden und Pit grinst über beide Ohren. und Wilhelm....
Wilhelm ist schon ziemlich aufgeregt. Ich natürlich auch: Wird Hannah´s List mit den Steckbriefen funktionieren? Werden die zwei Polizisten ihre Suche aufgegeben haben?... da war doch noch so ein Doktor...hmmm.. In der nächsten Episode gehts weiter...
Wollt ihr noch mehr von hannah und ihren freunden erfahren? dann klickt auf dieses bildchen hier, und ihr landet im hannah von oben blog...
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